Nachhaltige Mode – Der Guide zu Fair Fashion

Nachhaltige Mode – Der Guide zu Fair Fashion

Nachhaltige Mode wird immer beliebter. Doch sich zurechtzufinden im Dschungel zwischen Greenwashing und Fair Fashion wird gleichzeitig schwieriger. In diesem Guide erfährst du alles, was du über nachhaltige und faire Mode wissen musst.

95 Kleidungsstücke – so viel besitzt laut einer Greenpeace-Studie jeder Deutsche durchschnittlich. Socken und Unterwäsche ausgenommen. Dabei besitzen Frauen mit 118 Teilen deutlich mehr als Männer (73 Teile). Wenn Einkommen und Bildung steigen, steigt statitisch auch die Anzahl der Kleidungsstücke.

Nur werden 19 Prozent der Kleidung so gut wie nie getragen und liegt unbenutzt im Schrank. Oberteile, Hosen und Kleider werden teils nach weniger als einem Jahr aussortiert.

Die Zahlen zeigen deutlich: Wir haben ein Problem. Mode ist in Deutschland zur Wegwerfware geworden, der offensichtlich kaum Wert beigemessen wird. Kleidung wird ständig durch neuere ersetzt, aggressive Sales und ständig wechselnde Kollektionen beschleunigen diesen Trend.

Warum sollte ich kein Fast Fashion kaufen?

“Die günstigen Klamotten von heute sind der Müll von morgen” schreibt Mimi Sewalski in ihrem Ratgeber “Nachhaltig leben jetzt“. Billige Mode ist aus vielen Gründen gefährlich und mit vielen Nachteilen verbunden, die uns wahrscheinlich kaum bewusst sind.

Hier die wichtigsten Punkte im Überblick:

  • Die minderwertige Qualität der Kleidung führt zu schnellem Verschleiß
  • Billigmode wird oft unter unfairen und menschenfeindlichen Bedingungen hergestellt, Kinderarbeit und Lohndumping sind keine Seltenheit
  • Durch einen chemielastigen Fertigunsgprozess werden Umwelt und Mensch gefährdet
  • Immer neue Kollektionen verursachen einen Überschuss an Kleidung, die nicht mehr recycelt werden kann
  • Kunstfasern wie Polyester verursachen Mikroplastik
  • Weltumspannende Lieferketten treiben den CO2-Abdruck von Kleidung in die Höhe

Doch warum kaufen wir weiterhin Fast Fashion, obwohl wir uns der negativen Folgen bewusst sind? Arooj Rashid, Professorin an der Nottingham Business School sieht vor allem die niedrigen Preise und den Wunsch nach neuer Kleidung bzw. den Einfluss von Trends als Grund. Auch Influencer tragen dazu bei, dass Menschen weiterhin bei Fast-Fashion-Firmen einkaufen. Oder wie ist sonst zu erklären, dass Shein mittlerweile zum größtem Mode-Onlinehändler der Welt geworden ist?

Was macht Fair Fashion besser?

Einmal vorweg: Es gibt keine allgemeingültige Definition für Fair Fashion und auch kein Siegel, dass alle Facetten abdeckt. Jedes Label priorisiert anders und legt das Wort “nachhaltig” anders aus. Ja, es ist frustrierend, dass es keine einfache Antwort gibt.

Die anschließende Aufzählung gibt einen Überblick, welche Ambitionen Fair-Fashion-Marken verfolgen und machen nachvollziehbar, warum nachhaltige und faire Produkte teurer sind als konventionell hergestellte. Generell lohnt es sich, jede Marke und jedes Label selbst zu prüfen.

Transparenz: Wer sauber arbeitet, hat auch nichts zu verstecken. Nachhaltige Modemarken geben auf ihrer Website Einblick in Produktion, Materialgewinnung und Arbeitsbedingungen.


Faire Arbeitsbedingungen: Es gibt weder Kinder- noch Zwangsarbeit, die Mitarbeitende werden ordentlich angestellt und haben Recht auf Arbeitspausen und Vereinigungsfreiheit.


Gerechter Lohn: Die Arbeiter*innen werden fair für ihre Arbeit entlohnt.


Verzicht auf Chemie: Umweltschädliche und gesundheitsgefährdende Chemikalien werden nicht eingesetzt.


Nutzung von Bio-Naturfasern: Statt synthetischer Fasern wird auf Naturfasern in Bio-Qualität gesetzt.

Ist nachhaltige Mode teurer als Fast Fashion?

Kurze Antwort: Ja. Fair und nachhaltig hergestellte Kleidung kann mit dem Preisen von Billigmodeanbieter wie Shein, H&M oder Asos nicht mithalten. Und wichtig: das will sie auch gar nicht. Faire Mode ist aus gutem Grund teurer als herkömmliche Mode, wie ich oben bereits erläutert habe.

Für Menschen, die wenig Geld zur Verfügung haben, nutzt diese Argumentation natürlich gar nichts. Aber um es in aller Deutlichkeit zu sagen, das große Problem der Modeindustrie ist die Überproduktion und das Verschleudern von Ressourcen. Menschen, die sich keine andere Kleidung leisten können, tragen zu diesem Problem nur wenig bei.

Und sobald wir auf Markenkleidung wie Nike, Ellesse und vergleichbares schauen, löst sich der Preisunterschied in Luft auf. Wer sich einen Nike-Sweater leisten kann, hat auch genug Geld für einen fair produzierten Sweater.

Die Lösung? Capsule Wardrobe erstellen

Wer sich unabhängiger von Trends kleiden und trotzdem gut aussehen möchte, wird Gefallen an der Capsule Wardrobe finden. Bei diesem Konzept besitzen wir nur eine bestimmte Anzahl an Kleidungsstücken, die sich mühelos miteinander kombinieren lassen. Dadurch sparen wir morgens Zeit und langfristig Geld, weil wir bereits feste Lieblingslooks haben.

Im Internet kursieren verschiedenste Regeln für den Aufbau einer Capsule Wardrobe. So schwören viele darauf, dass eine Capsule Wardrobe nur rund 30 Teile haben darf. Solche Regeln betrachte ich als Leitlinie, sie sollten aber keinen unnötigen Druck verursachen.

Klassischerweise verändert sich die Kapsel alle drei Monate mit Beginn der neuen Saison, um jederzeit wettergerecht angezogen zu sein. Aus meiner Sicht eignet sich die Capsule Wardrobe vor allem, um den eigenen Stil zu finden. Zudem entwickelt man eine gewissen Gelassenheit gegenüber Kleidung, die uns wahrscheinlich allen gut tut. Wer einmal weiß, was ihm steht und passt, wird sich von Trends nicht mehr so leicht aus der Ruhe bringen lassen. Einen tollen Einblick in dieser Art des Kleiderschrankes gibt es unter anderem im Buch “Das Kleiderschrank-Projekt” von Anuschka Rees.

Worauf sollte ich beim Kauf von Kleidung achten?

Generell gilt: Kaufe weniger. Viele von uns haben bereits einen vollen Kleiderschrank und streng genommen keinen Bedarf an immer neuer Mode, die nur eine Saison im Trend ist.

Ich versuche komplett auf Impulskäufe zu verzichten und kaufe nichts mehr im Affekt. Stattdessen schlafe ich mindestens eine Nacht über jeden neuen Kauf. Und ehrlich gesagt: vieles hab ich am nächsten Tag schon wieder vergessen. Nur was mir nicht mehr aus dem Kopf geht, wird gekauft.

Bei Sneakern vertraue ich seit Jahren auf das gleiche Modell. Erst wenn mein aktuelles Paar auseinander fällt, kaufe ich ein weiteres Paar auf Vinted. Das erspart mir viel Grübelei und natürlich auch Geld.

Bevor ich etwas kaufe, gehe ich im Kopf meist folgende Fragen durch:

  • Brauche ich das Kleidungsstück wirklich?
  • Wie oft gibt es Situationen, in denen ich es tragen kann?
  • Passt es zu meinem restlichen Kleiderschrank?
  • Hab ich bereits ein ganz ähnliches Teil im Schrank?
  • Ist das Material umweltfreundlich?
  • Kann ich dieses Kleidungsstück auch secondhand kaufen?

Zugegeben, auch ich kaufe Kleidung, die ich nicht zwingend brauche, aber einfach schön finde. Und natürlich leiste ich mir auch ab und an einen Fehlkauf. Es geht nicht darum, sich komplett den Spaß an Mode nehmen zu lassen, sondern bedacht einzukaufen und nicht aus Impulsen heraus etwas neues zu kaufen.

Eine weitere gute Faustregel für den eigenen Kleiderschrank ist das Verhältnis der Kleidungsstücke zu den Möglichkeiten diese auch zu tragen. Ich persönliche brauche deutlich mehr Kleidung, die sich fürs Büro eignet als Partyoutfits. Und da ich nur selten ins Schwimmbad gehe oder in den Strandurlaub fahre, brauche ich sicherlich nicht fünf verschiedene Bikinis. Bedarfsorientiert einkaufen spart Geld, reduziert Fehlkäufe, sowie Kleiderstücke, die ungetragen im Schrank hängen.

Welche Modemarken sind nachhaltig?

Mittlerweile gibt es eine große Auswahl an Marken, die fair und nachhaltig sind. Eine Übersicht findest du in meiner Liste mit nachhaltigen Marken, ein kleine Auswahl gleich hier:

Alltagskleidung
Armed Angels
People Tree
Recolution
Hessnatur

Unterwäsche
Erlich Textil
Underprotection
Organic Basics

Schuhe
AllBirds
ekn
Flamingo’s Life
Nine To Five

Welche Siegel sollte ich kennen?

Textilsiegel helfen dir, dich im Mode-Dschungel zurechtzufinden. Doch zugegeben, es gibt mittlerweile so viele verschiedene, das es schwer ist, die Orientierung zu behalten. Jedes Siegel hat einen anderen Fokus, manche achten auf soziale Standards, andere fokussieren sich auf die ökologischen Bedingungen. Sprich, es werden meist nur Teile der Lieferkette betrachtet.

Wenn du nach nachhaltiger Mode Ausschau hältst, solltest du folgende Siegel kennen.

Grüner Knopf

Den Grünen Knopf gibt es erst seit 2019, er wurde von der Bundesregierung initiiert. Das Siegel beschränkt sich nicht auf das einzelne Produkte, sondern zieht das ganze Unternehmen in Verantwortung. Das Grüner-Knopf-Zertifikat erhalten nur Unternehmen, die 46 Sozial- und Umweltkriterien einhalten.

GOTS

Der Global Organic Textile Standard (GOTS) ist ein sehr weitreichendes Siegel. Nur Produkte mit mindestens 70 Prozent Naturfasern aus biologischem Anbau dürfen das Siegel tragen. Zudem müssen zahlreiche soziale und ökologische Kriterien erfüllt werden. Beim GOTS wird die gesamte Lieferkette der Produkte analysiert, wodurch die Aussagekraft und Glaubwürdigkeit des Siegels sehr hoch ist.

IVN Best

Das IVN Best Siegel konzentriert sich auf die ökologischen Faktoren der Textilproduktion. Dabei reguliert es den Anbau von Naturfasern bis hin zum fertigen Produkt und prüft unter anderem, ob sich schädliche Chemikalien nachweisen lassen. Kunst- und Mischfasern werden von IVN Best nicht zertifiziert.

Oeko-Tex Made in Green

Das Label Made in Green by Oeko Tex konzentriert sich auf das Testen von Schadstoffen in Textilprodukten. Zertifizierte Betriebe verzichten auf umweltschädliche und gesundheitsgefährdende Chemikalien und prüfen das Endprodukt auf Chemikalienrückstände.

Cradle to Cradle

Cradle to Cradle ist eigentlich ein Designkonzept, bei dem der Kreislaufgedanke im Vordergrund steht. Je sauberer, besser biologisch abbaubar und technisch recycelbar die Produkte sind, desto besser die Zertifizierungsstufe, die von Basic bis Platin reicht.

Fairtrade

Das Fairtrade-Siegel bezieht sich auf Sozialstandards in der Baumwollproduktion, wie beispielsweise dem Verbot von Kinder- und Zwangsarbeit, die Gewährleistung von Arbeitsschutz und das Recht auf Vereinigungsfreiheit.

Was bedeutet Slow Fashion?

Ein Gegenvorschlag zu Fast Fashion ist Slow Fashion. Ähnlich wie bei dem Kleiderschrankkonzept der Capsule Wardrobe wird hier auf zeitloses Design und Langlebigkeit geachtet. Hinter Slow Fashion steckt die Einstellung, lieber weniger und dafür bewusst zu konsumieren. Ein großer Fokus liegt hier auch auf der Kreislauffähigkeit der Kleidungsstücke. Produkte werden repariert statt weggeschmissen und auf Mischfasern wird verzichtet, da diese sich später schlecht recyceln lassen

Slow Fashion bedeutet auch, sich mit dem zu arrangieren, was bereits im eigenen Kleiderschrank hängt. Wenn du ein altes Teil wieder lieben lernst, ist das ein erster Schritt Richtung Slow Fashion.

Wenn es dir weiterhin schwer fällt, auf Fast Fashion zu verzichten, probiere diesen simplen Trick: entfolge Fashion-Influencern, lösche Shoppings-App und bestelle Newsletter ab, die dich zum Kaufen neuer Produkte anregen. Oft kaufen wir Dinge, die wir gar nicht brauchen, weil sie uns hübsch präsentiert werden.

4 Antworten zu “Nachhaltige Mode – Der Guide zu Fair Fashion”

Schreibe einen Kommentar