Status Quo: Kleidung leihen statt kaufen – Stand der Circular Economy

Status Quo: Kleidung leihen statt kaufen – Stand der Circular Economy

Kleidung einfach leihen zu können, ist keinesfalls eine revolutionäre Idee, doch 2020 wollen sogar Branchenriesen wie H&M und About You ein Kuchenstück abhaben. Warum ist das so?

Seit Ende November vergangenen Jahres können sich H&M-Kunden in Stockholm Kleidung einfach leihen. Bisher umfasst das Angebot nur Röcke, Partykleider und Brautkleider aus den Conscious-Kollektionen der Jahre 2012 bis 2019. 

„We are really excited to try out rentals for the first time and inspire our customers to look on fashion in a circular way. Our Conscious Exclusive collections are made from sustainably sourced materials, so we feel they are perfect to kick off this trial with.“

Maria Östblom – Head of womenswear design, H&M

Dies ist Teil eines massiven Overhauls des Flagship-Stores in Stockholm, der die Zukunft des Modeunternehmes aufzeigt. Neben dem Leihbereich wird es auch einen Reperatur-Shop im Laden geben. Ein eigenes Cafe, wie schon bei H&M-Tochter Arket, transformiert den Shop zum Community Space. 

Doch das Konzept „Kleidung leihen statt kaufen“ ist weder revolutionär noch neu. Schon 2012 starten Pola Fendel & Thekla Wilkening die Kleiderei, eine Bücherei für Kleidung. Auf Frauenmode ausgerichtet, konnten sich Nutzerin für einen Abo-Betrag von 49 Euro vier Kleidungsstücke ausleihen. Die Auswahl der Kleiderei setzte sich aus Vintage-Schätzen und Teilen von fairen Brands zusammen.

Wir wollten selbst Kleider mieten, und weil man das zu dem Zeitpunkt nicht konnte, begannen wir 2012 Kleider zu vermieten.
Mehr ein Konzept, als ein Business. Ein Gegenentwurf zu der vom Fast-Fashion-Prinzip auf die Spitze getriebenen Wegwerfgesellschaft. Wir fragten uns: kann Zugang statt Besitz funktionieren? Und ist das der Schlüssel zu modernem, nachhaltigem Modekonsum – der ohne Verzicht auf Abwechslung trotzdem Ressourcen schont?

Pola Fendel & Thekla Wilkening

Das Medienecho war am Anfang riesig, es folgte ein Auftritt in der Vox-Sendung „Die Höhle der Löwen“ und schließlich das Aus für den Online-Tausch-Shop. Am Ende war das Geschäftsmodel einfach nicht wirtschaftlich. Die Kleiderei gibt es offline weiterhin in Köln und Freiburg.

Kleiderei-Gründerin Wilkening ist mittlerweile bei der Online Plattform „Stay Awile“ als Beraterin eingestiegen. Stay Awile funktioniert dabei nach einem ähnlichen Prinzip wie die Kleiderei. Für eine Monatspauschale können NutzerInnen sich Kleidung aussuchen oder zusammenstellen lassen. Was besonders gut gefällt, kann danach gekauft werden.

Hinter Stay Awile steckt die Relenda GmbH, die auch Tchibo dabei hilft, auf dem Trend der Circular Econmy aufzuspringen.

MUD Jeans – Vorreiter für Circular Fashion

Mud Jeans Circular Fashion - Jeans zum Mieten

Ein weiterer Pionier für Circular Economy ist MUD Jeans aus Amsterdam. Seit 2013 bietet die Marke an, Jeans monatlich zu mieten. Sobald das Stück ausgetragen ist, können Kunden das Produkt zurückschicken und die alte Jeans wird recycelt. Für das Abomodell zahlen Kunden eine einmalige Startgebühr und mieten dann ab 7,50 Euro im Monat.

Momentan gibt es noch keine Produktionsprozesse, in denen aus einer alten Jeans ohne Materialverlust eine gleichwertig neue hergestellt werden kann. Bei Mud Jeans muss zu einer alten Jeans 60 Prozent neue Baumwolle gemischt werden, damit ein neues Produkt entstehen kann.

Warum Kleidung leihen?

Die Vorteile der Leih-Kleidung liegen auf der Hand: Abwechslung im Kleiderschrank, Geld sparen, etwas Gutes für die Umwelt tun und gleichzeitig Platz in der eigenen Bude sparen. Doch ist Deutschland schon bereit dafür?

Eine mögliche Antwort kommt von About You Gründer und E-Commerce Experte Tarek Müller. 

Die Vision vom nachhaltigen Einkauf in 10 Jahren, dass du die Wahl hast zwischen Neuware, Secondhand-Ware und geliehenen Artikel. Das wird noch als dritte Kategorie dazukommen. Gerade im Premiumbereich oder im Bereich von Dingen, die du nicht so oft brauchst. Dann kannst du die leihen, secondhand kaufen oder neu, aber alles über einen gleichen Prozess – gleiche Zuverlässigkeit, gleiche Regeln.

Tarek Müller im OMR Podcast

Was lernen wir daraus?

Kleidungsstücke leihen ist besonders für Produkte interessant, die im Alltag wenig getragen werden. Party- und Hochzeitskleider oder sehr besondere Stücke. Doch vor allem der Prozess des Kleiderleihens muss möglichst komfortabel und schnell gestaltet werden, damit es sich in der Masse durchsetzt. Daher sind Ideen von H&M oder About You wichtig. Viele Kunden wollen sich schon heute umweltfreundlich entscheiden, doch Kosten und Verfügbarkeit machen es mitunter schwer.

Wahrscheinlich wird es noch eine Weile dauern, bis sich Kleider leihen statt kaufen durchsetzt. Bis dahin besuchen wir z.B. Kleidertauschparties.

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