Warum CO₂-Kompensation oft Quatsch ist – Einfach Erklärt

Warum CO₂-Kompensation oft Quatsch ist – Einfach Erklärt

Verursachte Emissionen durch ein paar Euro ausgleichen – das verspricht die CO₂-Kompensation. Doch wer genauer hinschaut, merkt schnell: oft steckt nicht mehr als Greenwashing dahinter.

Was ist CO₂-Kompensation?

Mit CO₂-Kompensation ist das Ausgleichen von verursachten Emissionen gemeint, etwa von einer Flugreise, eines Produktes und eines ganzen Unternehmens. CO₂-Kompensationen wird auch Carbon Offsetting genannt und macht idealerweise eine Flugreise, ein Produkt etc. CO₂-neutral (=klimaneutral) – zumindest auf dem Papier.

Das funktioniert meist so: Für beispielsweise eine Flugreise berechnen, Plattformen wie atmosfair oder Prima-Klima die verursachten Tonnen CO₂. In dieser Höhe können Nutzer*innen dann Zertifikate für Klimaschutzprojekte kaufen, durch die die gleiche Menge an CO₂ eingespart wird. Das gelingt beispielsweise durch das Pflanzen von Bäumen, die CO₂ binden oder dem Einsatz von effizienteren Öfen.

Dabei muss das CO₂ nicht da eingespart werden, wo es verbraucht wird, denn dem Klima ist es egal, wo Emissionen entstehen. Viele Projekte werden daher im globalen Süden umgesetzt, etwa in Indonesien oder Ghana.

Vermeiden – Reduzieren – Kompensieren

Im Klimaschutz sprechen wir oft von dem Dreiklang: Vermeiden, Reduzieren, Kompensieren. Kurz: es ist immer besser, Emissionen ganz zu vermeiden, statt sie im Nachhinein zu kompensieren.

Um dies besser zu verstehen, lohnt sich ein Blick in die Automobilfertigung. Hier können beispielsweise Emissionen vermieden werden, wenn CO₂-neutraler Stahl eingesetzt wird. Eine Reduktion ist durch effizientere Fertigungsverfahren möglich, die restlichen Emissionen können dann kompensiert werden.

Im Privatleben könntest du es vermeiden, mit dem Flugzeug in den Urlaub zu fliegen, indem du mit dem Zug anreist. Oder du reduziert die Emissionen, indem du nach Porto fliegst, statt nach Koh Samui.

Die Kritik an der CO₂-Kompensation

Wir merken uns: Die Kompensation kann immer nur der letzte Schritt sein und ist besser als gar nichts zu unternehmen. Doch darüber hinaus gibt es eine Menge Kritikpunkte, die du kennen solltest.

Das Meta-Argument: CO₂-Kompensation ist moderner Ablasshandel. Denn statt das eigene Verhalten zu hinterfragen und nachhaltig zu verändern, wird sich ein gutes Gewissen erkauft. Solang genug Geld vorhanden ist, kann also munter weiter konsumiert werden.

Das kritisiert auch die Journalistin und Autorin Kathrin Hartmann, die das Buch „Die Grüne Lüge” geschrieben hat. Der Wirtschaftswoche sagte sie: “Kompensationen, wie sie viele Firmen versprechen, etwa durch Bäume pflanzen, verschiebt das Problem in die Zukunft und dorthin, wo Klimawandel heute schon spürbar ist: in die Entwicklungs- und Schwellenländer des globalen Südens.”

Fehlanreiz statt Klimaschutz: Auch andere Kritiker*innen sprechen oft von einem Fehlanreiz. Denn statt animiert zu werden, CO₂ wirklich einzusparen, ist die Kompensation ein einfacher Notausgang, der schnell und recht günstig gewählt werden kann. Privatpersonen überdenken nicht ihre Gewohnheiten und auch Unternehmen haben keinen Anreiz, nachhaltig etwas an ihren Strukturen und Prozessen zu verändern.

Die Kosten der Klimakrise werden auf Privatpersonen ausgelagert: Dafür, dass dein Flug so schädlich fürs Klima ist, kannst du als Verbraucher*in nichts. Wer seinen Flug kompensiert, trägt selbst die Kosten für den Klimaschutz, statt der Unternehmen, die ihn verursachen. Und die seit Jahren vergeudet haben, Alternativen zu entwickeln.

Greenwashing und wenig Transparenz: Auf der anderen Seite ist es für Unternehmen, die durch Kompensation klimaneutrale Produkte anbieten, ein schickes Marketing-Vehikel. Für Verbraucher*innen ist kaum nachvollziehbar, ob ein Produkt durch Optimierung im Betriebsablauf oder durch externe Kompensation klimaneutral ist.

Landraub: Obwohl Europa und die USA für einen Großteil der weltweiten Emissionen verantwortlich sind, finden die Kompensationsprojekte oft im globalen Süden statt. Dadurch kann es zu Landraub kommen, etwa wenn die lokale Bevölkerung ihre traditionelle Landwirtschaft nicht fortführen kann, weil ihr Boden für Kompensationsprojekte genutzt wird.

Übrigens: Auch atmosfair, einer der größten Kompensations-Anbieter sagt: “Alleinige Kompensation ist langfristig nicht zielführend, vielmehr müssen die Länder des Globalen Nordens selbst ihre internen Emissionen in großem Umfang verringern. Kompensation kann demnach nur „Behelfslösung“ sein.”

Worauf du bei der CO₂-Kompensation achten solltest

Auch das Umweltbundesamt hat sich mit dem Thema bereits beschäftigt und einen Ratgeber veröffentlicht, der Orientierung bietet. Sie betonen, dass vermeiden und verringern immer besser ist als kompensieren. Wenn du doch einmal etwas kompensieren möchtest, solltest du auf folgende Kriterien achten.

Zusätzlichkeit: Klimaschutzprojekte eignen sich nur dann für die Kompensation, wenn sie zusätzlich durchgeführt werden, sie also ohne das Projekt nicht stattfinden würden. Projekte, die sowieso wirtschaftlich profitabel sind und gesetzlich vorgeschrieben sind, erfüllen diesen Punkt nicht.

Permanenz: Die Emissionseinsparung muss dauerhaft sein. So kann ein Wald oder ein Moor beispielsweise abbrennen, womit das CO₂ nicht mehr gespeichert wird.

Berechnung, Monitoring und Verifizierung von Emissionen: Projekte verfolgen genehmigte Vorgaben, die unabhängig und extern geprüft werden und beachten auch Risiken von Projekten. Das Klimaschutzprojekt wird kontinuierlich beobachtet und die tatsächlich eingesparten Emissionen berechnet.

Transparenz: Projekte sollten auch extern einsehbar sein und verständlich aufbereitet werden.

Zeitpunkt der Ausgabe: Kompensations-Zertifikate könnte vor oder nach der Durchführung eines Projektes ausgegeben werden. Werden Zertifikate bereits vergeben, wenn das Projekt – also die Kompensation – noch gar nicht stattgefunden hat, kann der Einsparwert nur geschätzt werden.

Doppelzählung: Teils werden Klimaschutzprojekte doppelt gezählt, also doppelt verkauft, obwohl sie nur einmal CO₂ einsparen.

Einbezug der Beteiligten: Ein Klimaschutzprojekt darf nicht über die Köpfe der lokalen Gemeinschaft geplant werden.

Nachhaltige Entwicklung: Projekte sollte ganzheitlich betrachtet werden. Dabei sollte beispielsweise überprüft werden, ob sie Biodiversität fördern, Arbeitsplätze geschaffen werden oder die lokale Bevölkerung zusätzliches Wissen aufbaut, was ihnen in Zukunft hilft.